Spätfolgen nach einer Krebserkankung

Körperliche Spätfolgen

Polyneuropathie

Vor allem die Behandlung mit einer Chemotherapie, aber auch Bestrahlung und Operationen können zu Schädigungen der Nervenfasern im peripheren Nervensystem führen. Typische Symptome der Polyneuropathie sind sensible Reizerscheinungen an Händen und Füßen wie Kribbeln, Brennen, Schmerzen, Überempfindlichkeit, Taubheitsgefühle und ein gestörtes Temperaturempfinden. Dies führt häufig zu Schwierigkeiten bei feinmotorischen Aktivitäten und einer Gangunsicherheit. Wenn motorische Nervenbahnen betroffen sind, kann es zu Muskelzucken, Muskelkrämpfen und Kraftlosigkeit kommen. Koordinatives Training und das Ansprechen der Nerven mithilfe von Vibration, Massagen, wackligen Untergründen kann die Polyneuropathien verbessern und hilft außerdem bei Gleichgewichtsstörungen.

Organschäden (Herz, Nieren, Leber, Lunge)

Bestimmte Arten der Krebsbehandlung können zu Schädigungen wichtiger Organe führen. Beispielsweise das Herz, die Nieren, die Leber oder die Lunge können von Funktionseinschränkungen betroffen sein. Es ist wichtig, dass die Organe und Laborwerte regelmäßig überprüft werden, da die Spätfolgen auch Jahre nach Therapieende auftreten können. Eine Chemotherapie kann zu Herzinsuffizienz, Durchblutungsstörungen und Rhythmusstörungen des Herzens führen, weshalb nach der Verwendung von kardiotoxischen Chemotherapeutika regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden sollten.

Störungen der Fruchtbarkeit und Sexualität

Eine Chemotherapie, eine Strahlentherapie, eine Stammzelltransplantation und auch Operationen können sich auf die Geschlechtsorgane auswirken und die Sexualhormone beeinträchtigen. Deshalb ist nach einer überstandenen Krebserkrankung das Risiko für eine Unfruchtbarkeit (Infertilität) erhöht. Beide Geschlechter sind betroffen und können dann eventuell keine Kinder mehr zeugen oder austragen. Manchmal werden schon vor der Therapie der Krebserkrankung fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen in Erwägung gezogen. Dazu gehört die Entnahme und das Einfrieren von Eierstockgewebe oder Eizellen und Samenzellen. Betroffene, die von Krebs geheilt sind und einen Kinderwunsch haben, kann man mit einer Hormonersatzbehandlung oder künstlichen Befruchtung unterstützen.
Die Krebsbehandlung beeinträchtigt die Bildung und Wirkung von Sexualhormonen. Durch fehlende Östrogene können Frauen vorzeitig in die Wechseljahre kommen. Der Menstruationszyklus kann gestört sein. Männer können von einer erektilen Dysfunktion betroffen sein, denn Testosteron ist wichtig für die Sexualfunktionen sowie den Muskelaufbau und die Knochenstruktur. Fehlende Sexualhormone können als Medikament verabreicht werden.

Zuckerstoffwechselstörung / Fettstoffwechselstörung

Ehemals an Krebs erkrankte Menschen können ein erhöhtes Risiko für eine Zuckerstoffwechselstörung haben und sollten verstärkt auf Symptome eines beginnenden Diabetes achten, sich gesund ernähren und den Blutzucker regelmäßig überprüfen lassen. Grund für diese Störungen kann eine Chemotherapie und die Bestrahlung von Bauchraum und Schädel sein. Das Risiko für eine Fettstoffwechselstörung ist ebenfalls erhöht, was Gefäßverkalkungen bedingen kann

Inkontinenz und Magen-Darm-Probleme

Inkontinenz kann in Folge der Therapie von verschiedensten Krebsarten auftreten und belastet viele Patienten. Die Harnblase, ableitende Harnwege oder Schließmuskel können durch Bestrahlung, Chemotherapie oder Operation beschädigt sein. Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und erfolgversprechend.

Folgeprobleme können auch im Magen-Darm-Trakt auftreten, zum Beispiel durch Vernarbungen nach Operationen oder einer Strahlenbehandlung im Bauchbereich.

Sekundäre Krebserkrankungen

 

Die Angst vor einer erneuten (=sekundären) Krebserkrankung begleitet und verunsichert viele ehemalige Patienten. Es ist wichtig, dass Sie regelmäßig, je nach individuellem Risiko, an Langzeitnachsorgeuntersuchungen und Krebsvorsorgeuntersuchungen teilnehmen.

Weiterführende Informationen:
LESS: Nachsorgeempfehlung erneuter Tumor

Osteoporose

Das Risiko für Osteoporose (einer Verminderung der Knochendichte) ist nach einer Chemotherapie, Strahlentherapie oder Hormontherapie erhöht und tritt vermehrt nach Lymphomen, Leukämien Brust- und Prostatakrebs auf. Liegt eine Osteoporose vor, wird der Knochen instabiler und es kommt häufiger zu Knochenbrüchen. Diesen Problemen kann man vorbeugen. Von hoher Bedeutung ist dabei regelmäßiges körperliches Training zur Stärkung des Skelettsystems und der Muskulatur.

Weiterführende Informationen:
LESS: Nachsorgeempfehlung Knochen

Hautveränderung

Eine Strahlenbehandlung des Tumors oder Knochenmarks oder Stammzelltransplantationen erhöhen das Risiko für spätere Hautschäden. Dabei sind unter anderem Neurodermitis oder neue Muttermale/Leberflecken (sogenannte Nävuszellnävi) keine Seltenheit. Auch Hautkrebs kann durch regelmäßige dermatologische Untersuchungen früh erkannt und gut therapiert werden.

Daher ist es wichtig, dass nach den oben genannten Therapien, regelmäßige Untersuchungen bei einem Hautarzt/einer Hautärztin stattfinden.

Weiterführende Informationen:
LESS: Nachsorgeempfehlung Haut

Lymphödeme

Die Entfernung oder Beschädigung von Lymphknoten kann die Ursache für eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit (Lymphödem) sein. Dadurch entstehen Schwellungen, Entzündungen und Bewegungseinschränkungen. Faktoren wie Übergewicht, enge Kleidung, langes Sitzen und Stehen und eine salzreiche Ernährung belasten das Lymphsystem zusätzlich. Häufig kann durch einfache Veränderungen des Lebensstils ein Lymphödem gelindert werden. Auch durch krankengymnastische Behandlungen (Lymphdrainagen) können Lymphödeme behandelt werden.

Hör- und Sehschädigungen

Eine Beeinträchtigung des Gehörs kann nach einer Chemotherapie und vor allem nach einer Bestrahlung des Kopfes auftreten. Eine Hörminderung oder ein Tinnitus sind mögliche Folgen. Eine Schwerhörigkeit kann mit technischen Hilfsmitteln gemindert werden, weshalb eine Kontrolle im Rahmen der Nachsorge wichtig ist. Außerdem können nach der Krebsbehandlung Augenprobleme wie beispielsweise Trockenheit, vermehrter Tränenfluss, geringeres Sehvermögen oder Grauer Star auftreten.

Zahnprobleme

Die Wahrscheinlichkeit für Zahnprobleme (u.a. eine erhöhte Kariesanfälligkeit) nach einer Krebsbehandlung im Kindes- und Jugendalter oder im jungen Erwachsenenalter ist erhöht. Deshalb ist es besonders wichtig die Zahngesundheit regelmäßig kontrollieren zu lassen und eine gute Zahnhygiene zu verfolgen.

Weiterführende Informationen:
LESS: Nachsorgeempfehlung Zahngesundheit

Endokrinologische Spätfolgen

Verschiedene Therapien gegen Krebs können zu Störungen von Drüsen im menschlichen Körper führen. Diese Drüsen schütten dann weniger oder keine Hormone (körpereigene Botenstoffe) aus. Diese Folgen der Krebstherapie nennt man endokrinologische (= die Drüsen betreffende) Spätfolgen. Vor allem die Bestrahlung von Gewebe kann zu solchen Störungen führen. Eine Bestrahlung des Kopfes kann das Gewebe der Hirnanhangsdrüse (=Hypophyse) stark beeinträchtigen, sodass daraus im Jugendalter Wachstumsprobleme aufgrund fehlender Hormone resultieren. Im Erwachsenenalter kann es zu einer geringeren allgemeinen Leistungsfähigkeit kommen. Auch andere Bereiche im Gehirn können eine Funktionsstörung haben z.B. der über der Hypophyse liegende Hypothalamus. Der Hypothalamus ist empfindlicher als die Hypophyse und kann schon bei einer geringen Bestrahlungsdosierung Schäden nehmen, wodurch es ebenfalls zu Hormonstörungen kommen kann.

Es kann nach einer Krebstherapie auch zu Störungen der Schilddrüse kommen. Vor allem, wenn in der Kindheit Gesichts-, Hals- und Brustkorbbereich bestrahlt wurde oder eine Ganzkörperbestrahlung erfolgt ist, ist das Risiko für Störung der Schilddrüse erhöht. Es kann sowohl zu einer Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose), als auch zu einer Unterfunktion (Hyperthyreose) der Schilddrüse führen. Bei hormonellen Störungen kann eine Hormonersatztherapie den Mangel ausgleichen, weshalb es wichtig ist, dass Patient*innen endokrinologisch untersucht werden.

Psychosoziale Spätfolgen

Fatigue (Erschöpfungssyndrom)

Die tumorbedingte Fatigue nennt man auch Erschöpfungssyndrom. Es ist ein belastendes dauerhaftes Gefühl von Müdigkeit, Schwäche und Antriebslosigkeit, das sich auch durch viel Schlaf oder Erholungspausen kaum ausgleichen lässt. Die Fatigue kann noch lange nach einer abgeschlossenen Krebserkrankung anhalten. Diese besondere Form der Erschöpfung zählt zu den häufigsten Spätfolgen und schränkt den Alltag und die Lebensqualität dadurch stark ein.

Was man dagegen machen kann und wie man lernen kann, trotz Fatigue eine hohe Lebenszufriedenheit zu haben, ist den folgenden Links zu entnehmen:

Depression, Ängste und PTBS

Neben einer oftmals belastenden Diagnosestellung und Behandlungsphase in der Akuttherapie und Nachsorge können Krebserkrankungen auch zu lebenslangen Auswirkungen und Körperveränderungen führen. Auch psychosoziale Schwierigkeiten müssen während und nach einer Krebserkrankung gemeistert werden. Die Bewältigung von Erfahrungen mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung ist verständlicherweise auch mit Schwierigkeiten verbunden. Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Depression, Vermeidungsverhalten, Schwierigkeiten in Schule und Beruf, ein verringertes Selbstwertgefühl und soziale Probleme können auch noch viele Jahre nach der Krebserkrankung resultieren. Eine psychotherapeutische Begleitung ist hinsichtlich der Verarbeitung und des Umgangs mit Angst, Schmerz, Niedergeschlagenheit und Trauer sehr hilfreich.

Kognitive Funktionseinschränkungen

Viele ehemalige Krebspatient*innen berichten von Veränderungen ihrer geistigen Fähigkeiten (sogenannte kognitiven Veränderungen). Die Krebstherapie kann sich zum Beispiel auf die Gedächtnisleistung, das Lernen neuer Dinge, die Wortflüssigkeit und auf das Konzentrationsvermögen negativ auswirken. Dies wird auch als Chemobrain bezeichnet. Diese geistigen Beeinträchtigungen können wieder verschwinden oder länger anhalten. Als mögliche Ursache wird die psychische Belastung durch die Erkrankung vermutet. Gehirntraining, Stressvermeidung und Bewegung sind mögliche Behandlungsansätze.

Weiterführende Informationen:
LESS: Lernprobleme nach Krebs

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